E30 Logo

Interview mit Dorothee Liebscher

Im Gespräch mit Dorothee Liebscher: Die 1987 in Freiberg geborene Künstlerin lebt seit 15 Jahren in Leipzig. Wir haben mit ihr über die Farbgebung in ihren Werken, ihr neues Atelier und den wichtigsten Moment bei der Arbeit an einem neuen Werk gesprochen. 

Hat die Farbauswahl in deinen Werken eine Bedeutung für dich? Und wenn ja, welche?

Dorothee: Insgesamt treffe ich die Farbauswahl relativ intuitiv. Es gibt aber immer eine Lieblings-Farbpalette, Farben, die immer wieder auftauchen und die ich irgendwie kaum vermeiden kann. Ich überlege mir vor Beginn eines Bildes eine gewisse Farbstimmung oder Farbpalette, damit es nicht zu bunt wird – entweder kühle oder warme Farben.  

Die Orte, die ich darstelle, sind verlassene Orte, die man zeitlich nicht eindeutig zuordnen kann. Es sind nicht nur nostalgische Bilder von Industriebrachen, wie ich sie früher oft gemalt habe, sondern auch Zukunftsvisionen und Utopien. Ich möchte nicht, dass die Orte düster oder dunkel wirken, sondern positiv und ansprechend – eher wie eine positive Zukunftsvision aus leichten Pastelltönen.

Und wenn du sagst, dass bestimmte Farben immer wieder “auftauchen”, sind das Farben, mit denen du besonders gerne arbeitest? Oder was genau meinst du damit?

Dorothee: Manchmal denke ich: „Okay, ich probiere etwas ganz Neues aus.“ Aber es gibt bestimmte Farbtöne, bei denen ich einfach ein gutes Gefühl habe. Wenn ich wirklich etwas komplett Neues ausprobieren möchte, muss ich mich regelrecht zwingen, meine Lieblingsfarben zu vermeiden.  Es passiert fast automatisch und intuitiv – meine Lieblingspalette führt oft dazu, dass am Ende viele Bilder violett werden, zumindest in der aktuellen Phase. Ich mag aber auch Neonfarben, die subtil von innen leuchten und zusätzliche Leuchtkraft ins Bild bringen.

Dorothee Liebscher

Kannst du den Ort beschreiben, an dem deine Bilder entstehen? Wie fühlt sich dein Atelier für dich an?

Dorothee: Mein Atelier ist in Leipzig in einem Industriekomplex mit vielen anderen Kreativen. Ich bin erst vor zwei Monaten eingezogen und erobere den Raum gerade noch für mich. Ich habe viel verändert und gestaltet und bin immer noch dabei. Es ist ein gemütlicher Raum mit verschiedenen Hochebenen für Lagerflächen, wodurch Nischen entstehen. Ich habe eine Malecke, eine Entspannungsecke mit Sofa, eine Küchenecke und eine Präsentationsfläche im Vorraum. Da mein Atelier im Erdgeschoss liegt, können Passanten durch das Fenster schon einige Bilder sehen. Der Raum ist groß genug, um sich wohlzufühlen.

Das klingt toll! Kann man sagen, dass der Raum auch eine Auswirkung auf deine Werke hat?

Dorothee: Ja, definitiv! Ich musste erst einmal warm werden mit dem neuen Raum – direkt nach dem Umzug konnte ich noch nicht anfangen zu malen. Jetzt können meine Bilder größer werden, weil ich mehr Platz habe als vorher. Außerdem habe ich mehr Abstand zu den Bildern – das ist wichtig für die Weitsicht beim Arbeiten. Manchmal muss man sich weiter wegstellen, um das Bild richtig zu betrachten.

Was ist während des Schaffensprozesses für dich ein besonders wichtiger Moment?

Dorothee: Der wichtigste Moment ist das erste Gestalten auf der weißen Leinwand – da bin ich noch ganz frei und spielerisch. Ich lege die erste Schicht mit Acrylfarben an und lasse sie verlaufen, ohne darauf zu achten, ob es exakt aussieht.  Später wechsle ich zu Öl – das bringt richtig Leuchtkraft ins Bild und verändert es farblich noch einmal stark. Dieser Wechsel fühlt sich oft wie eine Art Erleuchtung an und gibt mir ein befriedigendes Gefühl.

Online_Dorothee Liebscher

Wie würdest du deine Kunst beschreiben?

Dorothee: Thematisch beschäftige ich mich mit Raum und dem Zusammenspiel von Natur und Architektur. Die Räume sind keine schnell erschließbaren Orte – sie zeigen Fragmente von Architektur, die von Natur überwuchert werden. Es ist ein Wechselspiel aus Ordnung und Chaos, Kontrolle und Wildheit, statischen und freien organischen Formen. Es gibt meist einen hellen Ausblick mit weitem Horizont; man kann viele Details entdecken und als Betrachtende bzw. Betrachtender quasi durch den Bildraum wandern.

Gibt es Themen oder Emotionen, die du immer wieder in deinen Werken verarbeitest?

Dorothee: Ja, meine Werke spielen oft auf die Dimension Zeit an sowie auf den Wandel von Architektur durch Naturkräfte. Früher habe ich Industriebrachen dargestellt; heute sind es eher zeitlich nicht verordenbare Orte. Ich wohne seit 15 Jahren in Leipzig und habe gesehen, wie Freiräume verschwinden und Kreativität verdrängt wird – das fließt auch in meine Werke ein.

Was ist der coolste Ort, an dem sich eines deiner Werke befindet?

Dorothee: Zuletzt hat ein Museum in den Niederlanden ein Werk von mir angekauft – das Drents Museum in Assen. Es freut mich sehr! Es gibt aber auch Bilder bei mir zu Hause, die ich nicht verkaufen möchte – sie haben eine besondere Verbindung zu bestimmten Zeiten oder Schaffensphasen.

Woher schöpfst du deine Inspiration? Gehst du dafür aus der Stadt heraus in die Natur?

Dorothee: Inspiration finde ich überall – früher waren es Industrieorte; heute sind es vielmehr noch intakte Gebäude, die ich defragmentiere, oft Villen mit Pools und verschiedene Naturansichten. Ich war auch in Südamerika und zehre auch immer noch von den Fotos, die ich da gemacht habe, im Urwald. Mittlerweile fließen aus allen möglichen Dingen Inspirationen ein. Ich nutze auch Fotos aus dem Internet als Grundlage für Collagen oder Zeichnungen und erschaffe daraus neue Räume oder Orte. 

Vielen Dank, Dorothee!

Aufgezeichnet am 3.4.2025

Künstlerbiografie und verfügbare Werke

UniquenessOnPoint

Du möchtest mit dem Kunstkauf beginnen oder deine Kunstsammlung um spannende Positionen erweitern?

Dann bist du bei uns genau richtig! Wir beraten dich gerne.

Kontaktiere uns

Anmeldung zum Newsletter